DIE UNABHÄNGIGE FACHZEITSCHRIFT FÜR HOCHZEITSMODE

Dr. Christian Mikunda: „So verzaubern Sie die Gen Z!“

Traumhafte Kleider und Anzüge sind das eine. Doch um die Kunden von heute und morgen zu begeistern, braucht es mehr. Der Ladendramaturg und Erlebniswissenschaftler Dr. Christian Mikunda erläutert anhand von internationalen Beispielen, welchen „kaufsinnlichen“ Beitrag die Storegestaltung leisten kann.

Dr. Christian Mikunda weiß, was Orte besonders macht. Der studierte Theater- und Filmwissenschaftler gilt als Begründer der „strategischen Dramaturgie“. Im Gespräch mit Sposa Facts berichtet er, worauf es bei der Inszenierung im Hochzeitsmodehandel ankommt.

„Hypnoästhetik – Die ultimative Verführung in Marketing, Handel und Architektur“: So heißt das jüngste Buch von Erfolgsautor Dr. Christian Mikunda. Darin schreibt der Erlebnis-Experte: „Jeder, der einmal versucht hat, den perfekten Film oder den perfekten Laden zu gestalten, weiß: Das ist nicht hundertprozentig planbar. Man kann nur versuchen, so gut wie möglich zu verstehen, was in den Menschen vor sich geht.“ Grundsätzlich attestiert er ihnen die Sehnsucht, „sich selber und die Welt möglichst intensiv zu spüren“. Die treibende Kraft hinter der strategischen Dramaturgie ist insofern die Wirkungsverstärkung.

Plötzlich Prinzessin

Egal wie, wo und wann Frauen sozialisiert wurden, ihr „Brainscript“ – also das Drehbuch im Kopf – sei rund um das Thema Hochzeit doch im Wesentlichen sehr ähnlich und generationsübergreifend stabil. „Plötzlich Prinzessin“, so bringt Dr. Christian Mikunda die Vorstellung vom vermeintlich schönsten Tag im Leben auf den Punkt, von dem bereits kleine Mädchen träumen. Für den Hochzeitsmodehandel bedeutet das: „Es geht um Glory, darum, durch adäquate Gestaltung das Hochgefühl der Erhabenheit aufkommen zu lassen.“ Und dafür brauche es bestimmte emotionale Elemente.

Best-Practice bei Hänsel & Gretel

Vor Jahren besuchte Christine Rührlinger, Geschäftsführerin von Hänsel & Gretel Braut- und Abendmoden im österreichischen Gunskirchen, eines der Seminare von Christian Mikunda. Jetzt bescheinigt er ihr eine Best-Practice-Umsetzung, beginnend mit der „modernen Form von Tempel-Architektur“ des freistehenden Gebäudes. Wie Säulen muten drei Stelen vor der Außenterrasse von Hänsel & Gretel an. Innen, hinter der Eingangstür, eröffnet sich eine lange Achse, die „Höhe, Tiefe und Weite“ vermittelt und auf der die Braut mit ihrer Begleitung entlangschreiten kann.

„Gerade das Schreiten ist wichtig“, betont der Berater, denn auch damit wird das Brainscript bedient, konkret das Bild davon, am Arm von Vater und/oder künftigem Ehepartner zum Altar zu flanieren. Bei Hänsel & Gretel endet die Achse mit einer Display-Mannequin-Inszenierung von Braut und Bräutigam unter einem blumendekorierten Traubogen. Die klare Botschaft: Dieser Weg führt zum Ziel.

Shanghai als Reise-Empfehlung

Christian Mikunda reist stetig um den Globus auf der Suche nach neuen Entdeckungen, führt dabei auch Lern-Expeditionen mit Einzelhändlern durch, die Theorie und inspirierende Live-Anschauung kombinieren. Sein Eindruck: „Shanghai ist das Weltzentrum für Brautmodegeschäfte, gefolgt von Tokio – und dann kommt lange nichts.“ Es lohne sich, in Shanghai die Nanjing East Road oder in der benachbarten Stadt Suzhou („das Venedig des Ostens“) die Tiger Hill Wedding Street zu erkunden. „Neolith“ heißt einer der besonders sehenswerten und von weißem Marmor geprägten Stores in Shanghai. Ein weiterer, das Wedding House Dream Castle, wartet unter anderem mit verschiedensten Kulissen für Brautfotos auf, wobei in einem der Räume der Kronleuchter extra so niedrig hängt, dass er auf jeden Fall Bestandteil des Bildes wird.

Vera Wang-Shops als Vorbild

In Tokio entdeckte Dr. Christian Mikunda die Grace Cathedral, eine nicht geweihte, reine Eventlocation in der Optik einer gotischen Kathedrale. „In Asien werden Hochzeiten oft kirchlich inszeniert, obwohl die meisten Menschen Buddhisten sind“, macht der Experte auf dieses „sakrale Glory“ aufmerksam.

Aus seiner Sicht ebenfalls spannend: die Stores der US-amerikanischen Designerin Vera Wang. „Während die meisten Läden Weiß gehalten sind, setzt sie auf den Kontrast mit Schwarz. Das lässt die Brautmode geradezu herausleuchten.“ Auch beleuchtete Treppen oder Podeste gehören zu den – in diesem Fall royalen – Glory-Elementen. Die Braut heraus- und emporzuheben, darum geht es für den Tag der Tage – nicht nur gestalterisch, sondern im Idealfall auch durch eine herzliche und wertschätzende Gastgeberhaltung, schließt Christian Mikunda.

Portrait photo Christian Mikunda

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