Auf der BBFW im April waren Sie im Dauereinsatz, haben sich fast alle Runway-Shows angeschaut und dutzende Interviews gegeben. Was bedeutet das für Sie persönlich – mental und physisch?
„Die BBFW so intensiv zu erleben, ist für mich nicht nur ein Teil meines Jobs – es ist ein Ausdruck völliger Hingabe an das Projekt. Persönlich bedeutet das, voll präsent und ansprechbar zu sein – für das Team, die DesignerInnen, die Medien und die internationalen Fachleute, die aus aller Welt anreisen. Mental erfordert es höchste Konzentration, schnelle Reaktionsfähigkeit und eine strategische Denkweise bis ins kleinste Detail. Körperlich ist es natürlich auch anstrengend: lange Tage, ständiges Unterwegssein, zahllose Gespräche und ein unglaublicher Energiefluss. Doch genau diese Energie ist es, die mich antreibt. Die Emotionen in jedem Laufstegmoment – das gibt mir Kraft und erfüllt mich mit Sinn. Es ist herausfordernd, ja, aber zutiefst erfüllend.“
Wie würden Sie das Event in wenigen Worten zusammenfassen? Und was war Ihr persönliches Highlight?
„Ich würde es als lebendiges, inspirierendes Event mit immer klarer werdender internationaler Ausstrahlung beschreiben. Jede Ausgabe der BBFW setzt neue Maßstäbe in puncto Kreativität, Vielfalt und globaler Vernetzung. Auf persönlicher Ebene gab es viele emotionale Momente, aber zwei stechen besonders hervor. Der erste war die Eröffnungsshow der Runway-Kollektionen 2025, angeführt von drei katalanischen Marken. Ein symbolischer und bewegender Auftakt – man spürte die Kraft des lokalen Talents und das kollektive Engagement des gesamten Teams. Zu sehen, wie die Show mit so viel Energie, Emotion und Stolz begann, war wirklich besonders. Der zweite Moment war die Show von Vivienne Westwood im Kreuzgang der historischen Universität von Barcelona. Aus vielen Gründen war sie magisch: die visuelle Kraft der Kollektion, die Schönheit und Geschichte des Ortes und die klare Botschaft von Reinterpretation, Unangepasstheit und Raffinesse, die die Marke auszeichnet. Es war sowohl eine Hommage an Westwoods Vermächtnis als auch ein mutiges Statement für avantgardistische Mode.“
Es war die dritte Ausgabe der BBFW unter Ihrer Leitung. Welches Ziel verfolgen Sie bei der Positionierung der BBFW?
„Die BBFW ist bereits ein globaler Maßstab in der Brautmodenbranche, und jede Ausgabe stärkt diese Führungsposition weiter. Mein Ziel ist es, diese Position zu festigen und auszubauen – mit gleicher Aufmerksamkeit für die kreative Ausrichtung wie für die strategische Vision dahinter. Wir wollen der internationale Treffpunkt bleiben, an dem große Modehäuser, unabhängige Labels, wichtige EinkäuferInnen und Veränderungstreibende zusammenkommen. Unser übergeordnetes Ziel ist es, dass die BBFW jedes Jahr ein absolutes Muss in der Welt der Braut- und Cocktailmode bleibt. Barcelona selbst hat eine einzigartige Identität – von hier aus gestalten wir eine zukunftsgerichtete Vision, die Tradition, Innovation und Vielfalt miteinander verbindet.“
Welche Vision sehen Sie in den Kollektionen 2026?
„Die Kollektionen 2026 zeigen eine klare Entwicklung hin zu Authentizität, Individualität und emotionaler Verbindung. Es zeichnet sich eine neue Sensibilität ab – eine, die die Werte einer bewussteren und vielfältigeren Gesellschaft widerspiegelt. Die DesignerInnen erzählen mit ihren Stücken Geschichten, die sich an verschiedene Körper, Identitäten und Lebensformen anpassen. Zudem ist Nachhaltigkeit inzwischen nicht mehr nur eine Option, sondern ein Ausgangspunkt vieler Kollektionen. Diese Mode bewegt nicht nur – sie vermittelt klare Werte mit echter Absicht.“
In einem Interview sagten Sie, Sie wollten nicht nur Trends präsentieren, sondern die Zukunft der Branche mitgestalten. Welche Rolle nehmen Sie dabei ein?
„Trends zu zeigen, bedeutet, das Jetzt widerzuspiegeln. Unser Anspruch geht aber darüber hinaus – wir wollen aktive Akteure im Wandel der Branche sein. Bei der BBFW arbeiten wir daran, dem Markt immer einen Schritt voraus zu sein, kritisches Denken anzuregen, Raum für neue Kreativität zu schaffen und den Zugang zu Werkzeugen für echten Wandel zu erleichtern. Meine Rolle ist es, in diesem Ökosystem Verbindungen zu schaffen: DesignerInnen mit EinkäuferInnen, Marken mit neuen Technologien, unabhängige Labels mit internationalen Märkten. Unser Ziel ist es nicht nur zu präsentieren, sondern Veränderungen anzustoßen und zu ermöglichen.“
Wie werden die Verbindungen zwischen EinkäuferInnen und Marken künftig aussehen – gerade im Hinblick auf Digitalisierung und KI?
„In einer zunehmend vernetzten Welt spielt Technologie eine Schlüsselrolle. Digitale Tools und Künstliche Intelligenz verändern viele Aspekte der Branche – vom Entdecken neuer Kollektionen bis hin zur Optimierung professioneller Treffen. Auch wir setzen diese Technologien bereits ein, um Prozesse effizienter zu gestalten und neue Chancen zu eröffnen – jedoch immer als Ergänzung zur menschlichen Begegnung. Denn so viel Technologie auch leisten kann: Nichts ersetzt die Wirkung eines persönlichen Gesprächs oder das Erleben eines Designs. Die Zukunft wird hybrid sein – aber die persönliche Verbindung bleibt das Herzstück dieser Branche.“
Dieses Jahr stellten 44 DesignerInnen und über 450 Marken in Barcelona aus. Wird es 2026 noch mehr Aussteller geben?
„Mit 450 vertretenen Marken – davon 82 % international aus 32 Ländern – und über 23.500 FachbesucherInnen – 76 % aus 82 verschiedenen Nationen – hat diese Ausgabe die BBFW erneut als festen Bestandteil des internationalen Brautmodenkalenders bestätigt. Für 2026 möchten wir diese Führungsposition weiter stärken, sowohl mit großen Namen der Branche als auch mit einer neuen Generation unabhängiger Ateliers und Labels mit innovativen Konzepten. Unser Ziel ist es dabei nicht unbedingt, in der Anzahl zu wachsen, sondern die Qualität, Vielfalt und Relevanz unseres Angebots zu steigern. Gleichzeitig setzen wir auf die gezielte Ansprache strategisch wichtiger EinkäuferInnen. Unser internationales Buyer-Programm bringt hochqualifizierte Fachleute aus aller Welt nach Barcelona und stärkt so unsere Rolle als globales Netzwerk- und Business-Zentrum.“
Welches Statement setzt die BBFW in Bezug auf Diversität und Individualität?
„Die BBFW versteht sich als Plattform, die Diversität in all ihren Facetten feiert. Unsere Botschaft ist klar: Brautmode muss alle repräsentieren – sie darf sich nicht auf ein einziges Schönheitsideal oder eine Erzählweise beschränken. Jede Ausgabe zeigt Kollektionen, die unterschiedliche Körpertypen, Geschlechter und Kulturen willkommen heißen. Individualität ist ein zentraler Wert, den wir vom Laufsteg bis zur Messehalle vertreten. Das ist kein symbolischer Akt – es ist ein elementarer Teil unserer Identität.“
Viele Hersteller beklagen die hohen Kosten für eine Teilnahme an der BBFW. Was entgegnen Sie diesen Stimmen?
„Wir wissen, dass die Teilnahme an einer Messe eine große Investition ist – besonders in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten. Aber ich kann mit Überzeugung sagen: Die BBFW liefert echten, messbaren Mehrwert – von internationaler Sichtbarkeit über strategische Kontakte bis hin zu realen Geschäftschancen. Jedes Jahr arbeiten wir daran, flexible Formate anzubieten, die auf unterschiedliche Bedürfnisse zugeschnitten sind – insbesondere für unabhängige Labels, die sich positionieren oder international wachsen möchten. Wir hören der Branche aufmerksam zu und passen unser Modell kontinuierlich den Marktgegebenheiten an.“
Was wünschen Sie sich persönlich für die Zukunft der Branche?
„Ich wünsche mir eine Branche, die weiterhin bewegt und inspiriert – und dabei mit Klarheit, Verantwortung und Kreativität vorangeht. Es ist ermutigend zu sehen, wie Marken nachhaltigere Praktiken umsetzen, inklusivere Erzählweisen entwickeln und Kollektionen anbieten, die Menschen auf authentische Weise berühren. Ich wünsche mir außerdem, dass jede teilnehmende Marke – unabhängig von ihrer Größe – das Gefühl hat, Teil von etwas Größerem zu sein, mit echter Sichtbarkeit und strategischem Mehrwert. Ich hoffe, dass Brautmode ein Ort bleibt, an dem Handwerkskunst und Innovation nebeneinander bestehen – und persönliche Geschichten auf einzigartige Weise Ausdruck finden. Und persönlich bin ich dankbar, diesen Weg von einer so etablierten und bedeutungsvollen Plattform wie der BBFW aus begleiten zu dürfen.“