Wir treffen die engagierte US-Amerikanerin bei der Kollektionspräsentation von Bridal Collective in Amsterdam. Hier nutzte sie die Chance, dem internationalen Fachhandel in verschiedenen Seminaren konkrete Tipps und Antworten auf alle Fragen, die die Gen Z betreffen, zu geben.
Wie sprechen erfolgreiche US-amerikanische Bridal Stores die Bräute der GenZ an?
„Verkaufsberaterinnen in Brautmodengeschäften mussten schon immer viel Einfühlungsvermögen und psychologisches Verständnis mitbringen. Die Bedeutung von Empathie und psychologischem Feingefühl im Brautmodenverkauf ist heute größer denn je. Da Bräute emotional stärker in die Suche nach dem perfekten Kleid involviert sind, ist es essenziell, ihre emotionalen Beweggründe zu verstehen. Die Braut von heute sucht nicht einfach nur ein Kleid – sie sucht ein bedeutungsvolles Erlebnis und die Bestätigung, dass sie die richtige Entscheidung trifft. Verkaufsberaterinnen müssen in der Lage sein, diese emotionalen Signale zu erkennen und individuell darauf zu reagieren, um eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Bräute mit ihren Gefühlen sicher und verstanden fühlen.“
Sie sprechen von angstgesteuerten Bräuten. Haben Sie eine Erklärung für die Ursprünge dieser Angst?
„Angst bei Bräuten ist keineswegs ein neues Phänomen, aber ihre Ursachen und Ausprägungen haben sich verändert – besonders bei der Gen Z. Der Druck, das ‚perfekte Kleid‘ zu finden, war schon immer da, doch Bräute von heute bewegen sich in einem völlig neuen Umfeld. Die schier endlose Auswahl gepaart mit der ständigen Flut an scheinbar perfekten Bildern auf Social Media schürt die Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen. Hinzu kommen negative Erfahrungen aus der Vergangenheit, etwa sich gehetzt, unter Druck gesetzt oder nicht ernst genommen zu fühlen – all das kann die Unsicherheit verstärken. Diese alten und neuen Ängste zu verstehen, erlaubt es Beraterinnen, empathischer zu handeln und Bräute in ihrem Entscheidungsprozess zu stärken.“
Was sind aktuell die größten Sorgen von Bräuten?
„Viele Bräute stehen beim Brautkleidkauf vor ähnlichen Herausforderungen: Budgetgrenzen, eine überwältigende Auswahl und die Angst, sich falsch zu entscheiden. Hinzu kommt die Sorge, ein Kleid zu finden, das wirklich dem eigenen Stil entspricht. In einer Welt, die von Social Media geprägt ist, erzeugt die ständige Flut an Hochzeitsinspiration zusätzlichen Druck. Neben diesen praktischen Aspekten ist auch das emotionale Erlebnis beim Kleiderkauf entscheidend – viele Bräute möchten sich selbstbewusst, verstanden und wohl fühlen.“
Welche emotionalen Impulse helfen, dass die Braut letztlich Ja sagt?
„Die emotionalen Auslöser, die zum Abschluss führen, liegen in der Fähigkeit, die wahren Wünsche, Ängste und Werte der Braut zu erkennen. Sobald diese emotionalen Treiber identifiziert sind, kann die Beratung individuell angepasst werden. Einfühlungsvermögen, Geduld und eine passgenaue Ausrichtung von Kleid und Erlebnis auf die emotionale Ebene der Braut sind entscheidend, um eine Kaufentscheidung herbeizuführen.“
Wie können Shops am besten mit den Ängsten der GenZ umgehen?
„Brautmodengeschäfte sollten den Fokus auf Empathie legen und sich die Zeit nehmen, die Sorgen und Wünsche der Gen Z-Bräute wirklich zu verstehen. Statt auf einen schnellen Abschluss zu drängen, sollten Beraterinnen durch Geduld und Zuspruch Vertrauen aufbauen. Das stärkt die Entscheidungsfähigkeit der Bräute – wer sich unterstützt fühlt, trifft seine Wahl mit mehr Selbstsicherheit und Vertrauen in den Prozess.“
Wie kann das DRESS-Modell dem Fachhandel helfen?
„Das DRESS-Modell hilft Stylistinnen, emotionaler und tiefgründiger mit Bräuten zu kommunizieren. Es unterstützt besonders bei der Arbeit mit Bräuten, die viel vergleichen und sich nur schwer festlegen können. Beispielsweise steht das D steht für Desire (Wunsch). Anstatt einfach zu fragen: „Was für ein Kleid suchst du?“, könnte eine Beraterin fragen: ‚Welches Gefühl soll dein Kleid ausstrahlen?‘ oder ‚Wie möchtest du dich fühlen, wenn du den Gang entlanggehst?‘ Solche Fragen gehen tiefer und offenbaren die emotionale Vision der Braut – eine viel stärkere Verkaufsgrundlage als bloße Stilvorlieben wie ‚Spitze‘ oder ‚figurbetont‘.
Welche Werte sind der Gen Z besonders wichtig?
„Der respektvolle Umgang mit Bräuten der Gen Z bedeutet, ihre Werte ernst zu nehmen, authentisch zu kommunizieren und sie während des gesamten Entscheidungsprozesses zu begleiten. Die Gen Z bevorzugt Echtheit statt Perfektion. Hochglanz-Kommunikation wirkt schnell unauthentisch. Ehrliche, transparente Gespräche schaffen Vertrauen und Nähe. Außerdem haben Einheitslösungen ausgedient. Gen Z-Bräute wollen ihren ganz eigenen Stil ausdrücke, eine gute Beratung informiert darum auch über individuelle Anpassungsmöglichkeiten der Kleider. Außerdem dürfen die Ängste und der Druck, die mit dem Brautkleidkauf verbunden sind, nicht unterschätzt werden. Wer diese früh erkennt, kann einfühlsamer beraten und der Braut helfen, sich sicher und stark zu fühlen.“