DIE UNABHÄNGIGE FACHZEITSCHRIFT FÜR HOCHZEITSMODE

Braut 3.0: Konsumstimmung, Ausgabebereitschaft, Kaufkanäle, Topseller

Wie ist die Stimmung in der Brautmodenbranche? Und wie verhält sich derzeit die Modekundin? Sposa Facts hat bei vier renommierten Hochzeitsfashion-Herstellern nachgefragt.

Justin Warshaw, Justin Alexander: „Bräute gehen bewusster mit ihrem Hochzeitsbudget um.”

Ein Mann in schwarzer Kleidung geht an einer Reihe von Models vorbei, die auf Podesten stehen und elegante weiße Brautkleider präsentieren. Jedes Kleid trägt einen Namen wie „SHANTI“, „VIRGIL“ oder „AMANZA“. Die Kulisse ist in weiche Stoffe gehüllt, über den Models hängen Banner mit Schriftzügen wie „ART OF WAITING“.

Wie hat sich die Stimmung in der Brautmodenbranche verändert?

„Es gibt spürbare Veränderungen. In den letzten Jahren wurde die Stimmung der Verbraucherinnen in der Brautmodenbranche vor allem durch externe Faktoren beeinflusst, wie wirtschaftliche Unsicherheiten, gesellschaftliche Dynamiken und kulturelle Entwicklungen.”

Wie reagiert Justin Alexander auf die wirtschaftlichen Unsicherheiten?

„Inflation, steigende Lebenshaltungskosten und die Nachwirkungen der Pandemie haben natürlich auch die Brautmodenbranche beeinflusst. Bräute gehen bewusster mit ihrem Budget um. Dadurch ist die Nachfrage nach erschwinglichen Brautkleidern mit hochwertigem Design und handwerklicher Verarbeitung gestiegen. Kollektionen wie Adore und Sweetheart erfüllen genau dieses Bedürfnis. Wir bieten stilvolle, wunderschön gefertigte Kleider zu Preisen, die ins Budget der Braut passen.”

Hat sich auch die Gestaltung der Hochzeiten verändert?

„Hochzeiten werden zunehmend intimer und weniger formell gefeiert. Dadurch hat sich die Nachfrage nach traditioneller Brautmode hin zu minimalistischeren Stilen mit klaren Linien und schlichten Silhouetten verschoben. Wir haben diesen Wandel aufgegriffen und unsere Kollektionen um elegante, nachhaltige Kleider erweitert, die Raffinesse und Funktionalität miteinander verbinden.”

Welche digitalen Einflüsse gibt es?

„Das Online-Shopping für Alltagsprodukte sowie soziale Medien wie Instagram und Pinterest haben den Zugang zu Brautmodeninformationen für Bräute enorm erleichtert. Da Bräute immer besser informiert sind, steigt die Nachfrage nach Individualität und Personalisierung. In Zusammenarbeit mit unseren Justin Alexander-Händlern bieten wir Bräuten deshalb innerhalb bestimmter Kollektionen vielfältige Möglichkeiten zur Anpassung ihrer Kleider.”

Welchen Einfluss hat Nachhaltigkeit auf die Wahl des Brautkleids?

„Nachhaltigkeit gewinnt in der Brautmodenbranche zunehmend an Bedeutung. Konsumentinnen achten mehr auf die ökologischen Auswirkungen ihrer Einkäufe. Bräute fühlen sich daher stärker zu Marken hingezogen, die nachhaltige Stoffe verwenden und faire Produktionsprozesse garantieren. Wir arbeiten kontinuierlich an der Optimierung unserer Nachhaltigkeitsstrategien und nehmen unsere Verantwortung für die Umwelt sowie unser ethisches Handwerk sehr ernst.”

Welche Faktoren sind für den Kaufprozess der Bräute 3.0 entscheidend?

„Digitale Kanäle spielen eine entscheidende Rolle im Orientierungsprozess der modernen Braut. Immer mehr Bräute nutzen Online-Plattformen und soziale Medien, um sich zu informieren und verschiedene Optionen zu erkunden. Dadurch erhalten sie eine größere Auswahl an Designern und Stilen, als sie in Brautmodengeschäften finden würden – das fördert die Nachfrage nach personalisierten und einzigartigen Brautkleidern.“

Wie reagieren Sie?

„Die Flexibilität des digitalen Informationsprozesses bietet Bräuten die Möglichkeit, Kollektionen zu durchstöbern, Bewertungen zu lesen und bei Bedarf virtuelle Beratungsgespräche zu führen – ein Service, der besonders während und nach der Pandemie an Bedeutung gewonnen hat. Viele Brautmodenmarken, darunter auch wir, bieten über ihre Händler nun Online-Bestell- und Personalisierungsoptionen an. Das macht den Kaufprozess für Bräute und Brautmodengeschäfte gleichermaßen zugänglicher und unkomplizierter.”

Wie gehen Sie mit diesen Veränderungen um?

„Um auf die Bedürfnisse digital orientierter Bräute einzugehen, haben wir spezielle Seiten für und mit Brautmodengeschäften auf unseren Social-Media-Kanälen und unserer Website eingerichtet. Wir fördern den Aufbau von Communities und bieten unseren Händlern wertvolle Tools, Beratung und Schulungen, um den Erwartungen moderner Bräute gerecht zu werden. Diese digitalen Werkzeuge helfen den Händlern dabei, auf die Wünsche von Bräuten einzugehen, die Wert auf Komfort, Zugänglichkeit und Individualität legen.”

Gibt es Verschiebungen bei den Budgetprioritäten?

„Wirtschaftliche Entwicklungen und steigende Wohnkosten führen dazu, dass Bräute bewusster mit ihrem Budget für das Brautkleid umgehen, ohne jedoch auf Design und Qualität verzichten zu wollen. Gleichzeitig wächst das Interesse an Brautaccessoires und anderen wichtigen Aspekten der Hochzeit wie Location, Catering und Fotografie. Accessoires und Designanpassungen sind eine großartige Möglichkeit, Kleider individuell zu gestalten. Mit abnehmbaren Schleppelementen, austauschbaren Ärmeln, Jacken und Gürteln können Bräute ihren Look nach ihren Wünschen anpassen.”

Anne Kathrine Rantzau, Lilly: „Die Budgets variieren stark.“

Porträt einer Frau mit grauem Haar und blauer Bluse, die direkt in die Kamera lächelt.
Anne Kathrine Rantzau: “Üppige Schleier feiern ein beeindruckendes Comeback!”

Wie schätzen Sie die Stimmung in der Bridal-Industrie ein?

„Viele Bräute sind kostenbewusster geworden, legen jedoch weiterhin großen Wert auf Qualität. Obwohl alle Bräute bereit sind, in ihren Traumtag zu investieren, variieren die Budgets stark, was vermutlich auch auf die intensivere Online-Recherche vor dem Kauf zurückzuführen ist.“

Wie ist die Customer Journey?

„Die Kombination aus online inspirierenden Inhalten und der persönlichen Beratung im Geschäft hat den Kaufprozess der modernen Braut grundlegend verändert. Die Bräute sind, was Stil, Preis und Look betrifft, auf ihren Einkauf viel besser vorbereitet. Online-Shops ermöglichen zwar eine bequeme Vorauswahl, doch die Preise sind nicht immer an den lokalen Markt angepasst. Dies führt bei den Bräuten zu unrealistischen Erwartungen, besonders wenn sie sich bei China-Shops umsehen. Wenn sie dann ins Geschäft kommen, kommt es zu Diskrepanzen, da unsere Preise die lokalen Löhne, Mieten und Kosten widerspiegeln. Aus diesem Grund ist es für uns besonders wichtig, die unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) klar auf unserer Website zu kommunizieren.“

Was sind aktuell die Topseller von Lilly?

„Üppige Schleier feiern ein beeindruckendes Comeback – sie passen sowohl zu schlichten als auch opulenten Looks. Ein weiterer wichtiger Trend ist das Zweite Brautkleid oder Tanzkleid. Hier kann die Braut mit dem Schleier ihren Styling-Wechsel betonen und den Übergang vom feierlichen Auftritt zu einem sexy Tanzlook ganz ohne Schleier inszenieren.“

Welche Trends beobachten Sie bei der Ausgabebereitschaft?

„Die Prioritäten verschieben sich hinsichtlich des Einkaufsortes. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass alles in einem Brautmodengeschäft gekauft wird. Ein wichtiger Teil des Erlebnisses besteht darin, einen individuellen Look zu kreieren. So kann es sein, dass die Schuhe von einem Online-Händler aus Spanien stammen, das Kleid aus dem Brautgeschäft und der Kopfschmuck aus einem Second-Hand-Shop.“

Welche Bedeutung hat persönliche Beratung?

„Sie bleibt für viele Bräute ein unverzichtbarer Bestandteil des Kauferlebnisses. Neben der Möglichkeit, die Qualität der Stoffe und Details direkt am eigenen Körper zu erleben, bieten die Stylisten in unseren Brautgeschäften auch viel Einfühlungsvermögen. Digitale Alternativen eignen sind am besten für einen ersten Überblick und zur Inspiration. Da unsere Kleider ausschließlich bei Lilly und unseren ausgewählten Händlern erhältlich sind, bin ich überzeugt, dass das ideale Erlebnis beide Aspekte miteinander vereint.“

Kerstin Karges, Kisui: „Viele Bräute sind verunsichert.“

Eine Modedesignerin in einem hellblauen Pullover mit floralen Details sitzt an einem weißen Tisch und zeichnet ein Schnittmuster in einem Atelier mit Brautkleidern im Hintergrund.
Kerstin Karges: “Die meisten geben zwischen 2.500 und 4.000 € aus.”

Wie hat sich die Konsumstimmung verändert?

„Die Flut an Kleidern, Stilen und Fotos ist immens. Es gibt kein klassisches Bild mehr, wie man als Braut aktuell aussehen muss – alles ist möglich! Dieses Überangebot und die Beachtung von schlechten Arbeitsbedingungen im Fast Fashion Bereich hat dazu geführt, dass immer mehr Bräute sich für nachhaltige Brautmode interessieren.“

Wie ist derzeit das Timing beim Shoppen?

„Vor einigen Jahren konnte man die Saison noch gut definieren. Heute kauft die Braut ihr Kleid oftmals sehr knapp vor der Hochzeit. Wir hatten letztes Jahr viele Bräute, die noch zwischen vier bis sechs Wochen Zeit bis zur Hochzeit hatten.“

Welche Rolle spielt Social Media?

„Es ist Fluch und Segen zugleich. Die Bräute können sich ein umfangreiches Bild davon machen, in welches Geschäft sie gehen möchten. Wir merken allerdings bei vielen Terminen, dass die Bräute stark verunsichert sind. Sie schicken uns vorab ihr Pinterest-Board und versuchen dann, diesem Ideal zu entsprechen. Influencer begeistern mit Traumhochzeiten, die zwar oft das Budget der Braut sprengen, aber auch zeigen, wie man Out-of-the-box denken kann.“

Welche Looks sind derzeit beliebt?

„Vor allem Teile, die man später in seiner Garderobe weiter nutzen kann. Rock und Top, Pullover, Jumpsuits oder kurze Kleider, die lässig und entspannt wirken. Die Braut ist bereit, für ein echtes Lieblingsstück deutlich mehr auszugeben, wenn sie es noch lange tragen kann.“

Wie ist die Ausgabebereitschaft?

„Vor einigen Jahren lag der Standardbudgetwunsch fürs Kleid noch bei 1500 €. Jetzt haben wir wenige Bräute, die unter 2000 € ausgeben möchten. Die meisten geben ein Kleider-Budget zwischen 2500 bis 4000 € an. Schuhe und Accessoires ergänzen den Look.“

Wie schätzen Sie die Einkaufssaison für 2026 ein?

„Ich als Designerin bin nicht glücklich darüber, wie früh die Ordermöglichkeiten dieses Jahr starten. Vor einigen Jahren waren die Messen noch im Mai bis Juni. Die neuesten Stofftrends werden ab Mitte Februar in Paris und Mailand vorgestellt, da hat man nicht viel Zeit zum Überlegen und das Team im Atelier muss vollen Einsatz bringen, damit alles fertig wird.“

Was bedeutet das für die Einkäufer?

„Auch für die Einkäufer macht es der frühe Termin nicht einfacher. Viele haben noch keine verlässliche Auswertung, zumal sich die Saison für den Brautkleidkauf durch viele spontane Bräute immer mehr in die Länge zieht.“

Bartosz Wodecki, Bianco Evento: „Der Trend geht zum schlichten Kleid.“

Ein Mann hält einen Blumenstrauß und eine Gewinnerurkunde bei den European Bridal Week Awards 2024, vor einer schwarzen Wand mit Logos.
Bartosz Wodecki, Bianco Evento: “Unsere Designs decken ein Größenspektrum von XS bis 8XL ab.”

Wie ist die Lage im Brautmodensektor?

„Wir erleben bei der Verbraucherstimmung eine sehr dynamische Entwicklung. Eine Rolle spielen beispielsweise das zunehmend breitere Größenspektrum, die Nachfrage nach maßgeschneiderten Designs sowie personalisierte Accessoires. Es gibt einen Trend zu schlichteren, erschwinglicheren Outfits für weniger formelle Hochzeiten. Immer mehr Bräute entscheiden sich für unkonventionelle Outfits wie Jumpsuits oder farbige Kleider. Die Branche sollte sich auch auf die Bedürfnisse reiferer Bräute einstellen.“

Was prägt die Entscheidungsfindung?

Soziale Medien und Online-Shops dienen nicht nur als Schaufenster für die neuesten Brautmoden, sondern auch als Inspirationsquelle. Bianco Evento nutzt diese Plattformen gezielt in seinen B2C- und B2B-Online-Shops. Der B2B-Shop erleichtert Händlern den Bestellprozess und bietet eine organisierte Plattform, auf der eine Vielzahl von Brautkleidern und Accessoires unter einem Dach verfügbar ist.“

Was sind derzeit die Bestseller?

„Im Bereich Accessoires auf jeden Fall Schleier, Tops und Schuhe. Sowohl regionale als auch internationale Kunden bevorzugen derzeit minimalistische Designs ohne Verzierungen. Für Kundinnen, die auf der Suche nach exklusiveren Styles sind, bietet unsere Limited Collection eine Auswahl an Premium-Designs.“

Welche Trends beobachten Sie?

„Elopements und Mikrohochzeiten werden beliebter. Da immer mehr Paare kleinere, intimere Hochzeiten bevorzugen, gibt es eine deutliche Tendenz zu erschwinglicheren und schlichteren Hochzeitsoutfits. Viele Bräute entscheiden sich für weniger formelle Kleider und reduzieren aufwendige Hochzeitselemente wie Dekorationen.“

Was bedeutet das für den Handel?

„Ich bin davon überzeugt, dass nur physische Geschäfte die einzigartige taktile Erfahrung bieten, die für Brautkundinnen entscheidend ist. Nur durch den direkten Kontakt mit Stoffen, das Anprobieren verschiedener Stile und die Stilberatung durch ExpertInnen können Bräute fundierte Kaufentscheidungen treffen.“

Gibt es Unterschiede im Kaufverhalten von curvy Brides?

„Wir führen umfassende Marktforschung durch, um sicherzustellen, dass unsere Designs ein breites Größenspektrum von XS bis 8XL abdecken. Einzelhändler erweitern zunehmend ihr Angebot und bieten eine breitere Auswahl an Größen. Die Verfügbarkeit von Plus-Size-Brautkleidern hat sich erheblich verbessert, und Designer konzentrieren sich verstärkt darauf, Schnitte zu entwerfen, die verschiedene Körperformen schmeichelhaft in Szene setzen.“

Ein Brautpaar steht während der Trauung in einem hellen Raum mit hohen Fenstern. Die Braut trägt ein trägerloses, weißes Brautkleid und hält einen Blumenstrauß. Der Bräutigam trägt einen dunklen Anzug. Ein Trauredner steht mit einem geöffneten Buch daneben. Mehrere Gäste sitzen links und rechts, beobachten die Zeremonie und lächeln.

TEILEN SIE DIESE NACHRICHT